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Flächendeckende Hausbesuche zur Rettung der Demokratie?

Flächendeckende Hausbesuche zur Rettung der Demokratie?

Flächendeckende Hausbesuche“ zur Rettung der Demokratie? Werteunion kritisiert Einseitigkeit des „Demokratieforums“ in Osnabrück

Osnabrück, 28.11.2024. Am Donnerstag fand die Veranstaltung des 12. Osnabrücker Demokratieforums unter dem Motto „Demokratiefeinde und Populisten vor den Toren der Macht“ statt. Auf dem Podium waren u.a. Dr. Melanie Amann, stellvertretende Chefredakteurin von DER SPIEGEL, und Wolfgang Beckermann, stellvertretender Bürgermeister von Osnabrück. Die Werteunion Niedersachsen war durch Mitglieder im Publikum vertreten. Das Forum lieferte spannende Impulse, zeigte aber auch die Notwendigkeit einer starken liberal-konservativen Kraft in Niedersachsen.

Ausrichtung und Gäste zu einseitig
Schon in der Eröffnungsrede von Prof. Dr. Andreas Faatz wurde auf die Möglichkeit eines Parteienverbots als vermeintlichen Schutz der Demokratie hingewiesen. Dieser Gedanke, der demokratische Prinzipien wie Meinungsfreiheit und Pluralismus in Frage stellen könnte, zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung – insbesondere durch die Beiträge von Dr. Melanie Amann (DER SPIEGEL) und Prof. Dr. Hans-Heinrich Heußner (SPD-Mitglied). „Für die Werteunion Niedersachsen ist die Freiheit des Individuums die Grundvoraussetzung für eine demokratische Gesellschaft“, stellte ein Sprecher klar. „Dieser Grundgedanke fehlte.“

Journalismus oder Aktivismus
Dr. Melanie Amann reflektierte die Herausforderungen des Journalismus im digitalen Zeitalter und räumte ein, dass DER SPIEGEL bereits 2017 eine „verfrühte“ Einschätzung von Donald Trump als Gefahr vorgenommen habe, die jedoch inzwischen gerechtfertigt erscheine. Gleichzeitig versicherte sie, dass journalistische Standards seit den Vorkommnissen rund um Claas Relotius deutlich angehoben worden seien. Dennoch wirft dies die Frage auf: Könnte die „Wut“, die dem SPIEGEL entgegenschlägt, auch mit der Wahrnehmung zu tun haben, dass Journalisten zunehmend als politische Aktivisten auftreten, die nicht nur informieren, sondern auch Meinung prägen wollen?

Fragwürdige Geschichtsdeutungen
Aus einer fundierten Geschichtsanalyse können lehrreiche Erkenntnisse gewonnen werden. Jedoch schien das 12. Demokratieforum sich einer neutralen und ergebnisoffenen Analyse zu verweigern. Prof. Dr. Hans-Heinrich Heußner widmete sich Parallelen zwischen der Weimarer Republik und der Gegenwart. In seiner Rede verglich er die AfD mit extremen Kräften der 1930er Jahre, bezeichnete sie als „völkisch“ und sprach sich vehement für ein Parteienverbot aus. Seine historischen Deutungen waren dabei von bemerkenswerter Zuspitzung geprägt: Er verwies darauf, dass bereits 1932 die NSDAP in Thüringen mit 32 % gewählt worden sei und damals einen Innenminister gestellt habe. Auch die Thüringer AfD unter Björn Höcke rechtfertige ein Verbot, da sie einem „Führerprinzip“ huldige. Die WerteUnion Niedersachsen spricht sich gegen solche leichtfertigen Gleichsetzungen und Analogien aus, denn damit kann ein moralischer Handlungsdruck in einer demokratischen Gesellschaft entstehen, wodurch Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit als hinderlich empfunden werden könnten.

Und es stellt sich für Osnabrück insbesondere die Frage: Wie verträgt sich eine derart klare politische Haltung mit dem Neutralitätsgebot öffentlicher Hochschulen? Eine Institution wie die Hochschule Osnabrück sollte nicht nur Raum für Diskussionen schaffen, sondern auch darauf achten, keine einseitigen Positionen zu fördern. Eine qualifizierte Gegenbetrachtung hätte das Demokratieforum insgesamt aufgewertet.

Hausbesuche – Demokratie oder Kontrolle?
Die starke Gleichsetzung der Jahre 1933 und 2024 führte bei Prof. Dr. Hans-Heinrich Heußner denn auch zu einem als besonders kritisch zu bewertenden Vorschlag. Er sprach sich für „flächendeckende Hausbesuche“ vor Wahlen aus, um direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Diese Forderung wirft nicht nur Fragen zur Umsetzbarkeit auf, sondern auch zu den Grenzen demokratischer Freiheit und Neutralität. „Haustürwahlkampf ist bereits jetzt gängige Praxis, und Herr Heußner zielt vermutlich eher auf eine staatliche `Wahlempfehlung´. Das wollen wir nicht!“, bewertete ein Sprecher der Werteunion Niedersachsen den Vorschlag.

Wer entscheidet, was gut ist?
Eine zentrale Frage, die aus der Veranstaltung hervorgeht, lautet: Wie ist das Verhältnis zwischen dem Souverän des Wahlvolkes einerseits sowie der Politik und den Leitmedien andererseits? In einer liberalen Demokratie entscheiden die Wähler über die Richtung der Politik, weshalb erfolgreiche Politiker den Bürgern zuhören. Im „Demokratieforum“ zeichnete sich ein anderes Bild ab. Politik und Leitmedien würden voranschreiten und den Bürgern lediglich erklären, warum das richtig sei. Falsche Wahlergebnisse bedürften deshalb mehr „Erklärung“. Die WerteUnion Niedersachsen stellt sich klar gegen diese Auffassung. Denn wer entscheidet, was „gut“ und „richtig“ für die Demokratie und das Land ist? Die SPIEGEL-Redaktion? Der Historiker Heußner? Ein Komitee? Oder sollte nicht vielmehr die Stärke einer Demokratie darin liegen, alle Meinungen zuzulassen und die Entscheidung den Bürgern zu überlassen?

Wahl eines unliebsamen Präsidenten – Ein Zeichen funktionierender Demokratie?
Dr. Amann und Prof. Heußner betrachten die Wahl von Donald Trump als Symptom einer krisengeschüttelten Demokratie. Doch kann es nicht gerade als Beweis für das Funktionieren der Demokratie angesehen werden, wenn das Volk einen Kandidaten wählt, der von den politischen Leitmedien nicht favorisiert wird? Die Wahl von Trump und anderen populistischen Führern könnte vielmehr als Zeichen dafür gedeutet werden, dass die Demokratie noch immer lebt und sich in der Fähigkeit des Volkes zeigt, sich frei zu entscheiden. Die Vorstellung, dass das Volk nur dann richtig wählt, wenn es den Vorgaben der Leitmedien folgt, ist zutiefst undemokratisch.

Fazit einer kontroversen Veranstaltung
Die Werteunion Niedersachsen fordert, dass öffentliche Hochschulen wie die Hochschule Osnabrück ihrer Verantwortung zur Neutralität gerecht werden und sicherstellen, dass Diskussionen zu politischen Themen ausgewogen und pluralistisch geführt werden. Veranstaltungen wie das Demokratieforum sollten dazu beitragen, den demokratischen Diskurs zu fördern, anstatt ihn durch einseitige Perspektiven zu verzerren. Demokratie lebt von Vielfalt, von kritischem Dialog und von Respekt vor abweichenden Meinungen – dies sollte immer im Mittelpunkt solcher Veranstaltungen stehen.

 

  

 

 

 

 

 

 

Beitragsbild & Tagesordnung: Screenshots www.hs-osnabrueck.de

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