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Bürgerdialog in Diepholz am 11.10.2025

Bürgerdialog in Diepholz am 11.10.2025

„Stoppt die Verrohung!“ Reger Austausch bei Diskussionsrunde der Werteunion im Gasthaus Freye Osterbinde – Noch befindet sich der Kreisverband der Werteunion in der Gründung, die neue Partei im Landkreis Diepholz hat aber schon einmal zum Bürgerdialog nach Osterbinde geladen. „Wir müssen wieder respektvoll miteinander umgehen. Wenn wir nicht miteinander reden, grenzen wir aus“, fasste Initiator Wolfgang Kitow die Erkenntnisse des Mittwochabends zusammen. Die Werteunion wolle erreichen, dass Menschen ins Gespräch kommen. Das klappte – wenn auch mit Einschränkungen. Der Ort für diesen Dialog unter der grundsätzlichen Fragestellung, ob es in Deutschland noch echte Meinungsfreiheit gibt, war dabei nicht zufällig gewählt: das Gasthaus Freye in Osterbinde. Inhaber Martin Freye hatte seine Räume in den vergangenen Jahren mehrfach der AfD für offizielle politische Veranstaltungen überlassen. Das schlug Wellen in Bassum, woran der Bassumer Peter Voss in einer Rückschau noch einmal erinnerte – und dabei speziell an Flugblätter mit Protesten gegen Freyes Verhalten. Dessen Familie habe sich zudem Anfeindungen ausgesetzt gesehen. Im vergangenen Sommer ging es dann um Freyes Mitgliedschaft in der Wirtegemeinschaft, die beim Bassumer Open Air seit Jahren für das Catering zuständig ist. Die Agenturen einiger Musiker forderten von Veranstalter Oliver Launer das Ende der Zusammenarbeit mit den Wirten. Sie drohten dabei mit einem künftigen Fernbleiben der Künstler. Launer folgte dieser Aufforderung. Als er nun am Mittwochabend an der Diskussionsrunde über Meinungsfreiheit teilnehmen wollte, wurde er von Freye am Betreten des Saals gehindert. Freye wiederum verfolgte die Veranstaltung der Werteunion als aufmerksamer, aber passiver Zuhörer. Andere wiederum hatten sehr viel zu sagen, allen voran politisch aktive Teilnehmer wie Andreas Iloff. Der Vorsitzende des AfD-Kreisverbands war mit mehreren AfD-Vorstandsmitgliedern vor Ort und sah in dem Verhalten gegenüber Freye ein wiederkehrendes Muster: „Das passiert ständig!“, polterte er. Anschließend schoss er scharf gegen alles, was nach seiner Meinung politisch links ist. Dafür erntete er keinen Gegenwind. Stattdessen arbeiteten sich die Anwesenden nach und nach an Institutionen ab, die in ihren Augen die Spaltung in Bassum und der Gesellschaft vorantreiben: etwa an Bassums Bürgermeister Christian Porsch, der sich nach dem Wirbel ums Bassum Open Air in ihren Augen hätte positionieren müssen, dies aber nicht getan habe. Auch die Medien wurden von mehreren Diskussionsteilnehmern scharf attackiert. Die seien nicht frei und politisch nicht neutral, hieß es aus den Reihen der Teilnehmer, die sich in ihren Meinungsäußerungen immer weiter hochschaukelten. Kitow bemühte sich ganz ruhig, die Diskussion auf ihre Kernfragen zurückzulenken. So fand er heraus, dass rund die Hälfte der Anwesenden sich unwohl fühle, Veranstaltungen wie diese Diskussionsrunde in Osterbinde zu besuchen. Zu viel Druck von links sei der Grund, meinte ein Teilnehmer. Ob es Lösungen gegen diese Angst gebe, wollte Kitow anschließend wissen. Viel kam dabei jedoch nicht herum. Ein Teilnehmer will den Grund dafür erkannt haben: „Wir versuchen, Lösungen zu finden, mit Menschen, die ideologisch verblendet sind. Mit denen kann man nicht reden.“ Gemeint war auch hier die linke Seite des politischen Spektrums. Aussagen wie diese erfuhren ebenfalls keine Widerrede. Auf Kitows Frage, ob es noch eine Aussicht auf ein friedvolles Miteinander gebe, signalisierte etwa ein Fünftel der Anwesenden, dass sie daran nicht mehr glaubten. „Wenn jeder die Meinung des anderen akzeptiert“, plädierte Peter Voss, „da müssen wir wieder hinkommen. Stoppt die Verrohung!“ Diesen letzten Satz griff Kitow strahlend auf und ließ ihn quasi als Schlussappell des Abends stehen. Er bedankte sich bei den Teilnehmern der Diskussionsrunde, „dass Sie so aktiv und gut miteinander diskutiert haben. Es war respektvoll, es war kontrovers.“ Auf Nachfrage der Mediengruppe Kreiszeitung betonte Kitow anschließend, dass ihn der Umgang gefreut habe, „auch wenn die eine oder andere Position nicht meine ist“. Vom Format des Bürgerdialogs ist er überzeugt und kündigte an, dass noch in diesem Herbst ein dritter stattfinden werde. Anfang September hatte es im Gasthaus Kreuz-Meyer in Seckenhausen den ersten Dialog gegeben. FABIAN PIEPER

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